WS 2020/21 Virtuelle Hospiz-Exkursion

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Seit einigen Jahren findet im Rahmen des Seminars zu ausgew?hlten Problemen der Praktischen Ethik eine Exkursion zum Hospiz am Evangelischen Krankenhaus (EVK) in D?sseldorf statt. Gelten doch Krankenbesuche und Sterbebegleitung seit den Anf?ngen der christlichen Religion zu den Werken der Barmherzigkeit. Bereits die Verlegung einer Seminareinheit in den Begegnungsraum des Hospizes f?hrt in der Regel zu einem Abbau von Hemmschwellen und ?ngstlichen Vorbehalten und hat schon einige in Vorbereitungskurse zur ehrenamtlichen hospizlichen Sterbebegleitung gef?hrt. Da die allbeherrschende Pandemie einen physischen Besuch dieses Ortes in diesem Jahr nicht erlaubte, wurde das Unternehmen am Samstag, den 5. Dezember, in den virtuellen Raum verlegt. Die bereits bew?hrte Kooperation mit Frau Dr. med. Susanne Hirsm?ller, der langj?hrigen Hospizleiterin, und der Diplompsychologin Margit Schr?er gestattete die alternative Durchf?hrung als zoom-Videokonferenz. Die beiden versierten Damen beeindrucken immer schon durch ihre vielf?ltigen beruflichen Lebenswege, die beide einmal mit Lehramtsstudieng?ngen begonnen haben. Die virtuelle Hospiz-Exkursion stand unter dem Thema ?Reflexionen der Sorge f?r Betroffene und Begleitende am Lebensende?, weil wir in diesem WS-Seminar Begriff und Wesen der Freundschaft er?rtern. Situationen von Leiden und Lebensende fordern Freundschaft in ganz besonderer Weise heraus. Die beiden Gastreferentinnen schlossen die Studierenden f?r die Thematik zu Beginn mit einer Assoziationskette zu Sterben und Tod auf, die jeder f?r sich in 10 Minuten erarbeiten sollte. Nach der Bildung einer Reihe von acht spontanen Begriffen zum Thema ?Sterben und Tod? sollten dann je zwei zu neuen Begriffen assoziiert werden, um in einem dritten Durchlauf erneut zwei Begriffe zusammenzufassen, bis schlie?lich ein einziger Begriff ?brigblieb. Mit diesem Begriff kehrten alle in die Runde zur?ck und stellten ihn im Kontext bisheriger Erfahrungen mit dem Thema und vorhandener Erwartungen vor. Schon dieser Einstieg war ?beraus erhellend und ber?hrend. ?ber zwei Fragen sollten die Studierenden dann in Kleingruppen diskutieren und wurden 20 Minuten in Breakout-R?ume geschickt. Zu reflektieren war dar?ber, 1.) was Sterbende und 2.) was Nahestehende brauchen. Nach der Diskussion dieser Arbeitsgruppenergebnisse
entfalteten die beiden Hospiz-Expertinnen das Beziehungsfeld eines kranken Menschen, der wei?, dass er nicht mehr genesen, sondern in absehbarer Zeit an der Krankheit sterben wird. Dieses Wissen ver?ndert die Lebenssituation und die Lebensperspektive von Grund auf, und zwar in physischer, psychosozialer und spiritueller Dimension. Zu dem Beziehungsfeld einer sterbenden Person geh?ren keineswegs nur Familienmitglieder und Freunde. ?berraschend war hier, dass gerade die Bezugspersonen, die als erste in den Sinn kommen, sich oft als begrenzt hilfreich herausstellen. Vielfach ziehen gerade Freunde sich nach einer infausten Diagnose aus ?berforderung und Verunsicherung zur?ck. Tragf?higer k?nnen Nachbarinnen, Arbeitskolleginnen oder Gemeinde- und Vereinsmitglieder sein. Oftmals k?nnen insbesondere Leidensgenossinnen einander wechselseitig Halt bieten. Ausf?hrlich wurden die psychischen Belastungen Nahestehender in der Situation der Begleitung am Lebensende dargestellt. Dass dies insbesondere die der sterbenden Person nahestehenden An- und Zugeh?rigen in schwere depressive Verstimmungen st?rzen kann, ist gesellschaftlich kaum bewusst. Daher hat hospizliche Sterbebegleitung nie nur die Sterbenden, sondern stets auch die An- und Zugeh?rigen als ?Patientinnen 2. Ordnung? im Blick, die emotionale, instrumentelle und informative Unterst?tzung brauchen. Der langen Liste der psychischen Belastungen Nahestehender in der Situation der Sorge f?r Sterbende wurde auch eine Liste positiver, unterst?tzender Aspekte an die Seite gestellt, die die Begleitung eines geliebten sterbenden Menschen zu einer Phase inneren Wachstums werden lassen kann, in der sich Beziehungen sogar noch vertiefen k?nnen. Auch f?r ehrenamtliche Begleiter*innen ist die Begegnung mit sterbenden Menschen vielfach eine Lebensschule, die die Einstellung zum eigenen Leben unerwartet bereichern und vertiefen kann. Oft f?hlen sich Ehrenamtliche durch den Austausch mit Sterbenden reich beschenkt. Schlie?lich konnte uns Frau Dr. Hirsm?ller auch noch einen kleinen filmischen Einblick in die Praxis an jenen ?rtlichkeiten geben, deren Betreten uns diesmal verwehrt war. Wer neugierig ist oder die Arbeit gar durch Spenden unterst?tzen m?chte, kann ?ber die Homepage des Hospiz am EVK Kontakt aufnehmen. https://www.evk-duesseldorf.de/palliativnetzwerk/hospiz/wir-ueber-uns.html Gekr?nt wurden diese Ausf?hrungen hospizlicher Sterbebegleitung durch die Betrachtung eines Malzyklus, den ein 42j?hriger B?ckermeister von mehr als 30 Jahren unter Anleitung von Monika M?ller, einer f?hrenden Pers?nlichkeit der deutschen Hospizbewegung, in den letzten Wochen seines Lebens angefertigt hat. Es war beeindruckend und tr?stlich, von Bild zu Bild zu verfolgen, zu welch tiefer Spiritualit?t und zunehmendem Seelenfrieden
der mitten im Leben Todgeweihte, der sich nie im Leben k?nstlerisch bet?tigt hatte, gefunden hat. Bewegt haben wir uns nach diesen erf?llten Stunden verabschiedet, bereichert um Einblicke in die Begleitung Sterbender, die der christlichen Theologie zutiefst entspricht.