SoSe 2021: Gastvortrag RD i.R. Dipl. psych. Dr. Werner K?ching, Mobbing im Klassenraum ? aus schulpsychologischer Sicht

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Mobbing ? ob analog oder digital ? pr?gt den Schulalltag. Es ist aggressiv, anhaltend und vermag Seele und Leib schwerwiegend zu verletzen ? bis hin zum Suizid. Das Thema brennt allgemein unter den N?geln, denn viele Seminarteilnehmer*innen waren in (Cyber)Mobbing w?hrend der eigenen Schulzeit bereits involviert ? ob als Opfer, (Mit-)T?ter*in, Mitl?ufer*in (?Claqueur?) oder aber als engagierte Verteidiger*in. Schon diese unvollst?ndige Auflistung m?glicher sozialer Rollen, verweist darauf, dass Mobbing ein systemisches und ein prozesshaftes Ph?nomen ist, analog wie digital. W?hrend Mobbingt?ter eine besondere soziale Intelligenz aufweisen, insofern sie ein feines Sensorium f?r die Verwundbarkeit ihrer Opfer besitzen, zeichnen sich die Opfer selbst durch keine besonderen Eigenschaften aus. Es kann jeden treffen! Das l?sst sich aus dem hervorragenden Lernmaterial des Programms ?klicksafe? der Europ?ischen Union (www.klicksafe.de) lernen, das in Kooperation mit l?nderspezifischen Fachinstitutionen im Auftrag der EU erarbeitet wird, um das Internet f?r Sch?ler*innen sicherer zu machen ? auch mit Bezug auf Cyber-Mobbing (?Was tun bei (Cyber)Mobbing? Systemische Intervention und Pr?vention in der Schule?). (Cyber)Mobbing im Klassenraum l?sst sich aber nur unterbinden, wenn die Lehrer*innen ihre spezifische Rollenverantwortung erkennen und anerkennen, nicht nur Lernstoff zu vermitteln, sondern auch f?r die Bedingungen einer von wechselseitigem Respekt gepr?gten Lernatmosph?re zu sorgen. Dieser Perspektivenwechsel von der eigenen Betroffenheit durch Mobbing als Sch?ler*in in der eigenen Schulzeit hin zu der des zuk?nftigen Lehrerdaseins war der Dreh- und Angelpunkt der ethischen Reflexion auf die moralische Qualit?t und der systemischen Analyse des Mobbingph?nomens.

Dr. Werner K?ching, ehemaliger Verantwortlicher f?r die Schulpsychologie im Regierungsbezirk D?sseldorf, setzt auf dem Hintergrund einer jahrelangen Besch?ftigung mit Schulmobbing noch einen f?r angehende Lehrer*innen aufschlussreichen weiteren Akzent. Gerade weil Mobbing-Opfer keine andere Eigenschaft aufweisen m?ssen als nur die einzige, n?mlich schutzlos zu sein, besteht die oberste Pflicht von Lehrpersonen darin, keine der ihr anvertrauten Sch?ler*innen schutzlos zu lassen. K?ching vertritt sogar die These, dass die Angriffe von Mobber*innen meist unbewusst eigentlich der Lehrperson g?lten, n?mlich sie als unf?hig zu erweisen, die Klassenmitglieder sch?tzen zu k?nnen. Mobbing in der Schule ziele darauf, so K?ching, die legitime Autorit?t der Lehrperson zu untergraben. Daher komme f?r eine gute Lernatmosph?re alles darauf an, dass Lehrpersonen diesen Zusammenhang begreifen und zur Verantwortungs?bernahme f?r den Schutz eines jeden Sch?ler und einer jeden Sch?lerin ihrer Klasse bereit sind. Aus den klicksafe-Materialien hatten wir zuvor gelernt, dass Lehrpersonen dazu auf die kompetente strukturelle Unterst?tzung ihrer Schule angewiesen sind und sich gegebenenfalls f?r die Entwicklung solcher Strukturen und die Schaffung eines Problembewusstseins einsetzen m?ssen. Daran l?sst sich ethisch etwas ?ber den notwendigen Zusammenhang von Individual- und Sozialethik, von individualer und struktureller Verantwortung lernen. Im Hinblick auf Mobbing als Thema ?Praktischer? bzw. ?Angewandter? Ethik wurde dar?berhinaus offensichtlich, dass es empirisch psychologischer und sozialer systemischer Erkenntnisse bedarf, um Mobbingdynamiken kompetent unterbrechen zu k?nnen. Guter Wille allein ist hier nicht ausreichend. Auch auf die qualitativen Differenzen und Gemeinsamkeiten von analogem und technisch vermitteltem Cyber- Mobbing wurde reflektiert. Zum anderen wurde die Schule nicht nur als Lernfabrik, sondern als gesellschaftspolitisch relevanter Ort der Ein?bung eines menschenw?rdigen Zusammenlebens in einer demokratischen Gesellschaft vorgestellt. Dass die christliche Botschaft f?r den Schutz der Schwachen und Verwundbaren als den von Gott gleicherma?en geliebten menschlichen Kreaturen noch einmal vertieft zu motivieren vermag, konnte in diesem auch von Philosophiestudierenden stark nachgefragten theologischen Seminar im Rahmen ihres interdisziplin?ren Moduls erfahren werden.

Im Rahmen des Seminars ?(Cyber)Mobbing als ethisches Problem?
Dr. Heike Baranzke, Katholische Theologie, Fak. I, Fach: Theologische Ethik
Expertenvortrag & Diskussion, Fr. 16. Juli 2021, 14:15 ? 16:45 Uhr
RD i.R. Dipl.-Psych. Dr. phil. Werner K?ching
Mobbing im Klassenraum aus schulpsychologischer Sicht